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Auf dem GR 11 in den Pyrenäen – Etappe 4

Entscheidung & Erkenntnis

Während ich die letzten drei Tage bei Wind und Wetter alleine in der faszinierenden Bergwelt unterwegs war, hatte ich reichlich Zeit mir über einiges klar zu werden. Es tauchten zwangsläufig einige Fragen auf. Warum bin ich hier? Was mache ich eigentlich hier? Was ist mein Anliegen und Ziel? Die Antwort lautet: Ich habe keine Ahnung.

Am Anfang dieser Wanderung war es nur eine leise Stimme in mir, die immer wieder sagte: „Pass gut auf dich auf, dieser Weg ist nicht zu unterschätzen.“ Langsam schlich sich auch eine Art Heimweh ein und das anhaltende Regenwetter hat auch seinen Beitrag dazu geleistet. Mit insgesamt 12 kg auf dem Rücken spürte ich schnell die Überlastung meines Körpers. Die Wettervorhersage kündigt weiterhin Regen und Gewitter an. Das hatte ich mir irgendwie alles anders vorgestellt.

Im Laufe des gestrigen Tages wurde die Stimme in mir immer lauter, die mich schlussendlich zu der Entscheidung gebracht hat, morgen nach Hause zu fahren. Ich bin nicht glücklich hier und es macht auch nicht wirklich Spaß. Es ist einfach nur anstrengend und zusätzlich durch die Nässe auch noch gefährlich.

Scheinbar brauchte ich diese Erfahrung für mich, um zu der wertvollsten Erkenntnis diesen Jahres zu kommen. Denn Josi und ich haben unser großes Ziel, das Nordkap, gemeinsam erreicht und hatten eine wunderbare Zeit! Es ist gut so, wie es ist und auch die Verkürzung der Reise hatte seinen guten Grund. Ich kann nun auch sagen, dass ich erstmal reisesatt bin und mich nach heimeliger Ruhe sehne, um die vergangenen Monate mit all den intensiven Einsrücken zu verarbeiten. Besser spät als nie! 😉

Als ich heute mit dem Bus in Irún ankomme, schüttet es immer noch gewaltig. Auf der Fahrt beobachte ich, wie der Dunst aus den Bergen aufsteigt und wie die Regentropfen gegen die Busfenster prasseln. Ich denke: „Alles richtig gemacht.“ Bis 16 Uhr muss ich mir die Zeit vertreiben, bevor „meine“ Herberge wieder öffnet. Ich setze mich in ein Café und beobachte das spanische Treiben. Irgendwann kommt eine Pilgerin rein und ich spreche sie an. Hanna aus Deutschland. Wir verbringen eine ganze Weile zusammen, tauschen uns aus und essen Mittag zusammen. Ich merke, wie gut mir der Austausch und die Gesellschaft tut. Hanna geht zum ersten Mal einen Camino und ist etwas unsicher und aufgeregt. Ich gebe ihr ein paar Tipps und berichte von meinen Erfahrungen. Bevor sie sich dann verabschiedet, sagt sie aus vollem Herzen: „Das hat mir richtig gut getan, ich bin jetzt viel sicherer und bleibe im Vertrauen. Gut, dass du früher zurück gekommen bist, sonst wäre ich dir hier nicht begegnet.“ Sofort breitet sich ein Glücksgefühl in mir aus und ich denke: „Allein deshalb hat sich dieser kurze Trip schon gelohnt!“

Morgen geht’s dann heimwärts und die Pyrenäen müssen noch etwas auf mich warten.

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