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Etappe 48

Deba – Gernika ca. 50 km   

Erst Schnecke, dann Tempo

Erst um 8:30 Uhr erwachen wir von den Erschöpften und es erwartet uns eine unglaubliche Morgenstimmung in einer noch unglaublicheren Landschaft. Der Nebel schmiegt sich sanft in die Vertiefungen der Berge und die Sonne erfrischt die Farben der Natur.

Relativ spät kommen wir heute auf die Piste, da der Herbergsvater uns anbietet, dass wir unsere Räder auf seinem Hof mit einem Wasserschlauch sauber machen dürfen, um sie vom gestrigen Schlamm zu befreien. Währenddessen fragt er uns aus und wir unterhalten uns angeregt.

Die ersten 15 Kilometer sind sehr mühsam und es vergehen Stunden. Wir befinden uns fast die ganze Zeit auf dem Camino und es geht steil bergab und wieder steil bergauf. Wir schwitzen, was das Zeug hält, und finden am frühen Nachmittag einen Platz für die Mittagspause auf einer Bank oberhalb eines Ortes mit Blick auf die Biskaya. Auf einmal ertönt eine männliche Stimme hinter uns: ,,Hey, peregrinas“! Wir drehen uns um und sehen einen älteren Mann auf seinem Balkon, der uns einlädt, etwas für uns zu kochen. Immer wieder bietet er seine Hilfe und Gastfreundschaft an und kommt sogar auf ein spanisches Pläuschchen zu uns rüber. Wir lehnen seine Fürsorge dankend ab und machen uns schnell wieder auf den Weg. Es ist schon 14 Uhr und wir haben erst 15 km geschafft. Wir sind uns einig, dass wir uns hier im Baskenland von einem Tagespensum zwischen 60 und 80 km verabschieden können. Viel mehr als 50 km täglich sind einfach nicht zu schaffen.

Da wir aber auch aus dem gestrigen ,,Schlammmassel“ gelernt haben, suchen wir uns nun besser befahrbare Routen aus und landen wieder auf einer traumhaften Küstenstraße. Da wir hier genau in der Siesta-Zeit entlang fahren, sind kaum Autos unterwegs. Wir können in vollen Zügen genießen! Am liebsten hätte ich den gesamten Streckenabschnitt mit einer Helmkamera gefilmt. Die Steigungen sind moderat, die Sonne scheint, es ist kein Wind und die Temperaturen sind angenehm. Wir gleiten dahin und es duftet immer wieder nach Eukalyptus, da man diese Bäume hier immer häufiger sieht.

Einer wunderschönen Bucht vorgelagert befindet sich eine kleine Insel, die durch einen schmalen Damm für Fußgänger mit dem Strand verbunden ist. Dieser Weg ist zu diesem Zeitpunkt noch im Meer, aber wir können ihn von oberhalb sehen. Das gleiche Phänomen wie bei der Passage du Gois.

Die letzten 20 km verlaufen etwas ins Landesinnere, aber wir sehen immer wieder den Atlantik von oben. Faszinierende Natur! Hier in dieser Bergwelt gibt es sicherlich noch viele unberührte Orte. Alles wirkt so friedlich. Und wir kommen uns so klein vor.

Gegen 18 Uhr erreichen wir endlich Gernika und müssen leider feststellen, dass die Herberge geschlossen ist. Stattdessen finden wir eine Pilgerpansion und sind die Ersten vor dem großen Pilgerrun. Um unsere Räder sicher unterzubringen, müssen wir sie in den 1. Stock tragen. Unser Zimmer ist im 3. Stock. Hm, nach solchen Tagen möchte man eigentlich nicht noch so viele Stufen hoch steigen. Ich muss zwischendurch auf der Treppe stehen bleiben, um meine Oberschenkel zu entspannen.

Zum Abendessen finden wir ein China Restaurant und dort bekommen wir 2 riesige Portionen Wokgemüse mit Reis und Tofu. Wir schlagen richtig zu. Das ist kein Vergleich zu gestern Abend, wo es nur Tomatensalat mit Pommes aus nem alten Fett gab. Tja, heute so und morgen so. Satt, gestärkt und zufrieden können wir nun schlafen und freuen uns auf morgen.

Erkenntnis des Tages: Es geht ums Genießen, nicht um die Geschwindigkeit. Der Weg ist das Ziel.

Vor 2 Jahren habe ich mit diesem Esel auch schon mein erstes Tierselfie gemacht.
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