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Von Santiago zum Nordkap: Tag 111 – Klein Quassow – Jabel ca. 75 km/6141 km
Grüne Tunnel und Kälte
Der Morgen ist noch relativ angenehm, trocken und mit wenigen Mücken versehen. Wir können also in Ruhe frühstücken. Der Himmel ist bedeckt und es fühlt sich nach einem hohen Luftdruck an. Josi bekommt Kopfschmerzen.
Im Laufe des Vormittags bleiben wir zum Glück noch von Regen und Wind verschont. Der Weg führt durch sehr viele grüne Tunnel. Verschiedene, dicht vewachsene Waldwege aus Sand oder festem Kiesel schlängeln sich durch die Natur. An einem Aussichtspunkt machen wir Halt und genießen einen Moment den Blick auf die Müritz. Ein Ehepaar löst uns ab. Der Mann spricht uns an: „Das scheint wohl eine längere Tour zu sein und alles ohne Unterstützung?“ „Na klar“, antworten wir. Als seine Frau das hört, kommt sie zurück und erzählt stolz: „Mein Mann fährt mit Unterstützung, aber ich weigere mich tapfer. Dann brauche ich eben etwas länger, um einen Berg hinauf zu kommen.“ Sie scheint sich durch uns bestätigt zu fühlen und wir applaudieren ihr sogar. Weiter geht es durch den sumpfigen Wald. Leider kann man die Müritz vom Radweg aus nicht sehen.
Als wir am Nachmittag unseren Campingplatz in Waren erreichen, sind wir doch noch vom Regen eingeholt worden und die Luft hat sich ziemlich abgekühlt. Wir betreten die Rezeption in unseren nassen Regencapes und werden schon beäugt. Man zeigt uns einen Indoor-Campingraum und rechnet allerhand Preise aus. Das Zelten wäre sogar teurer als eine Liege in dem großen Schlafraum und die Kurtaxe beträgt hier 2,70 € p.P. Allerdings sollen wir diese für zwei Tage bezahlen, obwohl wir nur eine Nacht bleiben wollen. Das können wir nicht recht nachvollziehen. Die Frau an der Rezeption erklärt uns, dass die Stadt die Gebühr in dieser Form erhebt, und zieht sich aus der Affäre. Wir drücken unser Unverständnis aus und gehen zum Beraten in das anliegende Bistro. Hier läuft Hardcore-Schlager und es stinkt nach Frittenfett. Alle drei fühlen wir uns auf diesem Campingplatz nicht so recht wohl. Die Atmosphäre passt irgendwie nicht zu uns. Also beschließen wir, doch noch 17 km weiter zu fahren, obwohl es immer noch regnet und der Wind krass von vorne kommt.
Während der Fahrt denke ich kurz an den Indoor-Campingraum und frage mich, ob es nicht schöner gewesen wäre, dort zu bleiben. Dann könnten wir jetzt schon im Warmen und Trockenen sein. Schnell ist der Gedanke wieder verworfen und ich spüre den kalten Wind und den Regen in meinem Gesicht und an den Händen. Und das ist in Ordnung.
Um kurz nach 18 Uhr erreichen wir dann den zweiten Campingplatz. Die Rezeption ist seit 18 Uhr geschlossen. Josi ruft unter angegebener Nummer an. Wir dürfen unsere Zelte einfach bei den anderen auf der Wiese aufstellen, den Toilettenschlüssel können wir uns mit den anderen Gästen teilen und bezahlen können wir morgen früh. Das gefällt uns! Unkompliziert und chillig ist es hier. Außerdem hat es jetzt aufgehört zu regnen und wir können entspannt unsere Zelte aufstellen und kochen. Gute Entscheidung.