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Von Santiago zum Nordkap: Tag 118 – auf der Ostsee

Bergfest und ein Traum

Auf glatter See gleiten wir durch die Ostsee und sind absolut froh darüber! In unserer dunklen Kabine haben wir heute den Sonnenaufgang verpasst und etwas länger geschlafen. Nach dem Selbstversorger-Frühstück gehen wir hoch an Deck und lassen uns ein wenig Seeluft um die Nase wehen. In einem Ruheraum ergattern wir dann zwei Sessel mit Aussicht und beobachten, wie Bornholm an uns vorbeizieht. Wir chillen ein wenig und spüren immer noch nach, was dieses Pfingstwochenende uns schönes beschert hat.

Am Nachmittag können wir sogar einen Moment an Deck im Windschatten sitzen. Kaum haben wir uns niedergelassen, kommt auch schon der interessierte Sachse zu uns, der uns gestern bereits vor dem Hafenhaus angesprochen hat. Er stellt ungefähr drei Fragen und dann erzählt er von seinen Radurlauben und anderen Radreisenden, die er mal getroffen hat. Außerdem sei er jetzt mit einer ganzen Truppe unterwegs, um diesen Ausflug nach Helsinki zu machen. Von wirklichem Interesse keine rechte Spur.

Als es kühl wird, suchen wir uns ein gemütliches Fensterplätzchen im Innenraum und üben ein paar finnische Wörter. Der Mann am Nebentisch hat daraufhin noch einen wichtigen Hinweis. Er sagt: „Das Wort für Entschuldigung sollte man unbedingt kennen, da es eine Einleitung für Fragen bzw. Bitten ist. Die Finnen sind ein sehr höfliches Volk.“ Schnell kommen wir in einen interessanten Austausch über Gott und die Welt. Er selbst kommt aus Südtirol und seine Frau aus Helsinki. So verbringen sie ein halbes Jahr hier und das andere halbe Jahr dort. Wir bekommen einige wertvolle Tipps und Anregungen für Finnland von den beiden. In diesem interessanten und feinsinnigen Gespräch über Europa und die Geschehnisse in der Welt sagt er zu uns: „Ich habe einen Traum. Und zwar, dass wir irgendwann ein solches Zusammengehörigkeitsgefühl in Europa entwickeln, dass wir anstelle von ‚Ich bin Deutscher, ich bin Franzose‘ sagen können ‚Ich bin Europäer*in.‘ “ Ein sehr friedlicher und fortschrittlicher Gedanke, wie wir finden.

Nachdem wir uns von den beiden verabschiedet haben, bleibt uns noch ein Weilchen allein an unserem Tisch, bis plötzlich die Truppe aus Sachsen um uns herum steht. Zwei Männer setzen sich ungefragt zu uns, es werden Fotos gemacht und offenbar haben die schon ordentlich gebechert. Die meisten setzen sich an den Nebentisch, aber zwei bleiben wie die Holzklötze einfach an unserem Tisch sitzen und unterhalten sich überdimensional laut. Wir beobachten eine Weile dieses Verhalten und entscheiden dann, das Feld zu räumen. Allerdings hinterlassen wir im Gehen einen deutlichen Hinweis auf ihr unangemessenes, respektloses und nicht besonders taktvolles Verhalten.

Die frische Luft an Deck und der traumhafte Sonnenuntergang besänftigen uns dann schnell wieder. So erhält unser Bergfest einen gebührenden Abschluss.

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