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Von Santiago zum Nordkap: Tag 131 – Kiili – Kaskinen ca. 64 km/7172 km
Wind von allen Seiten und ein Schreck
Der Wind hält sich hartnäckig und hat unser Zelt in der Nacht ordentlich durchgeschüttelt. Dementsprechend unruhig war unser Schlaf. An diesem Morgen sitzen wir beide mit den Kaffeebechern in der Hand im Zelt und suchen Schutz vor dem unangenehmen Wind, der in Böhen von bis zu 45 km/h die Bäume zum Rauschen und deren Äste zum Biegen bringt. Immer noch ist hier keine Menschenseele zu sehen und wir können den Morgen ungestört genießen.
Die ersten 35 Kilometer sind heute sehr leichtgängig und wir kommen richtig schnell voran, dank des Rückenwindes, den wir uns seit Tagen herbeigesehnt haben. Heute ist er also ein Freund. In einem Baumarkt besorgen wir neues Campinggas und anschließend verbinden wir unsere Mittagspause mit dem großen Einkauf für die nächsten Tage.
Die zweite Hälfte wird dann doch noch etwas anstrengend, denn wir landen wieder auf einer größeren Straße ohne Fahrradweg. Die Richtung hat sich damit geändert und der Wind weiß auch nicht mehr, aus welcher Richtung er pusten soll. Jede Minute ändert es sich und wir schlackern hin und her. Große Lastwagen düsen an uns vorbei. Wir fühlen uns damit sehr unwohl! Als wir wieder auf einem Damm sind und der Wind uns von der Seite schon im Schräglage bringt, kommt ein mit Baumstämmen voll beladener LKW mitsamt Anhänger von hinten angerauscht, hat aber scheinbar die Situation nicht begriffen, denn von vorne kommt ein kleines Auto. Wir fragen uns, ob der LKW Fahrer nicht irgendwann mal abbremsen will?! Als wir fast auf gleicher Höhe mit dem kleinen Auto sind, rast der LKW ungebremst zwischen uns und dem Auto hindurch. Ein richtiger Sog entsteht und wir versuchen neben dem riesigen Schrecken die Fahrräder in der Spur zu halten. Da ist uns das Herz aber in die Hose gerutscht! Hier gibt es offenbar noch dringenden Bedarf, die Eurovelo 10 für Radfahrer sicherer zu machen.
Kurz darauf biegen wir zu unserer Beruhigung nach rechts in einen Wanderweg ab. Es geht über Stock und Stein, aber das ist uns egal. Nach ca. 1-2 Kilometern erreichen wir einen hübschen Strand, an dem wir eine Kekspause einlegen und den Schock verdauen. Lange verweilen wir nicht an diesem Ort, denn der Wind kühlt uns schnell aus. Wir entscheiden uns, auf dem nahegelegenen Campingplatz zu bleiben. Ein kleiner, gemütlicher Platz mit wenigen Gästen. Das gefällt uns. Wir haben die Wiese ganz für uns allein und können sogar die Tisch-Bank-Kombination einer der Hütten für unser Abendessen nutzen. Hier ist es warm und windgeschützt. Irgendwann kommt die Campingplatzbetreiberin mit unserer frisch gewaschenen Wäsche vorbei. Wir wollten nämlich die Waschmaschine nutzen, doch sie piepste nur laut, ohne sich zu rühren. Nachdem die Chefin den Wasserhahn ordentlich aufgedreht hat, spritzte es plötzlich in alle Richtungen aus dem Schlauchansatz. Daraufhin bot sie uns an, unsere Wäsche bei sich zuhause zu waschen. So ein Engel.