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Von Santiago zum Nordkap: Tag 22 + 23 – Sevilla – Wallapampa – Puerto de Santa María – ca. 68 km + 58 km/1115 km
Ein abenteuerlicher Tag.
Wir genießen heute Morgen noch einmal das Frühstück in unserer Backpacker-Unterkunft und kommen währenddessen mit zwei Fußpilgern ins Gespräch, die morgen den Weg nach Santiago starten wollen. Der eine kommt aus US und der andere aus Holland. Beide sind Rentner und erzählen mit leuchtenden Augen von ihren bisherigen Jakobswegerfahrungen. Die Freude schwappt sogar zu uns über und auch wir berichten natürlich von unseren Erfahrungen und der jetzigen Reise.
Um 9:30 Uhr sind wir endlich startklar und verlassen mit einem weinenden und einem lachenden Auge die Herberge. Kaum sitzen wir auf dem Rad, vernehme ich ein klackerndes Geräusch vom Hinterrad, das sonst nicht da war. Ich steige ab und kontrolliere die sichtbaren Stellen, die eine Ursache für dieses merkwürdige Geräusch sein könnten. Leider kann ich nichts feststellen und wir entscheiden uns, sicherheitshalber zur Fahrradwerkstatt um die Ecke zu fahren. Diese haben wir gestern dort durch Zufall entdeckt. Sie öffnet erst um 10 Uhr, also warten wir. Als die Inhaber die Tür öffnen, darf ich auch gleich rein und beschreibe das Problem. Ich soll das Fahrrad dort lassen und in einer Stunde wieder kommen.
Wir setzen uns derweil in ein Straßencafé ein Stück die Straße runter und genießen die Sonne. Ein paar Minuten später schaue ich gedankenversunken umher, immer noch mit der Sorge beschäftigt, dass etwas Gravierendes mit meinem Rad sein könnte, und sehe zwei Fahnen auf der Straße vorbeifahren, die genauso aussehen wie die an meinem Fahrrad. Es dauert ein bis zwei Sekunden, bis ich realisiere, dass es auch mein Fahrrad ist, das da fährt. Der Chef der Werkstatt hat wohl eine Probefahrt gemacht. Jedenfalls bringt uns dieses lustige Ereignis zum Lachen und in eine positive Stimmung. Als wir um 11 Uhr gespannt zum Laden zurückgehen, ist alles wieder in Ordnung mit meinem Gefährt. Ein bisschen Kettenfett und ein paar Speichen nachgespannt – fertig. Ich atme erleichtert auf und frage, was ich bezahlen darf. Der Chef schaut mich an und sagt: „Nichts. Ich wünsche euch eine gute Reise.“ Das rührt mich so sehr, dass mir sogar ein paar Tränchen in die Augen schießen. Wir bedanken uns noch mehrfach und dann geht es endlich wieder auf die Piste.
Es dauert ewig, bis wir endgültig aus der Stadt raus sind. Dann folgt eine riesige Baustelle, die wir umfahren müssen und später ein nicht enden wollendes Industriegebiet. In einem staubigen Dorf machen wir unsere Mittagspause. Hier gibt es nur sandige Straßen und die Grundstücke sind alle mit Mauern abgegrenzt, dass man weder ein Haus noch einen Garten sehen kann. Während des Essens rauscht ein SUV mit Volldampf an uns vorbei und nebelt uns mit einer gewaltigen Staubwolke zu. Nach der Pause geht es durch einen schmalen Sandweg, über den wir schieben müssen, da der Sand viel zu tief ist. Die Alternative wäre gewesen, an einem großen Hund vorbeizufahren, der schon breitbeinig mittig auf der Straße auf uns wartete.
Der letzte Abschnitt des Tages verläuft über flaches Land. Felder links, Felder rechts, ein bisschen wie bei uns in der Marsch, nur hier gibt’s noch Berge als Hintergrundkulisse. Am frühen Abend erreichen wir endlich unseren auserwählten See für unsere erste Nacht im Zelt (auf dieser Reise). Den See erreichen wir nicht ganz, aber ein hübsches Plätzchen davor. Leider ist es eingezäunt und wir müssen alle Taschen und die Fahrräder hinüberhieven. Wir sind sehr gespannt, wie es uns heute Nacht ergehen wird, denn für die Morgenstunden sind bis 4 Grad angegeben.
Tag 23 – Endlich am Meer
Die Nacht war lang und kurz zugleich, denn da es schon um 19:30 Uhr dunkel wird, lagen wir entsprechend früh im Bett/Zelt. Die Temperatur ist dann doch scheinbar auf 0 Grad gesunken, denn unsere Taschen sind am Morgen mit einer leichten weißen Frostschicht überzogen. Entsprechend unruhig war der Schlaf, da unser Equipment diesen Temperaturen nicht ganz ausreichend standhalten konnte. Beim Frühstück kämpft sich doch die Sonne etwas durch und wärmt uns milde. Alles dauert heute etwas länger, da wir in Sachen Zelten noch keine Routine auf dieser Reise entwickelt haben.
Nachdem wir dann unser Hab und Gut zurück über den Zaun gehoben haben, ist es schon fast 11 Uhr. Der erste Abschnitt führt wieder über eine Schotterpiste und schüttelt uns ordentlich durch. Danach geht es über eine geteerte Landstraße durch die hügelige Agrarlandschaft. Nach 33 km haben wir ordentlich Hunger und finden einen Platz in der Sonne für die Mittagspause. Heute wird zum ersten Mal die Bratpfanne getestet :-).
Der zweite Abschnitt des Tages birgt auch einige Tücken in sich, da wir über einen abenteuerlichen Pfad geführt werden, der eigentlich nur aus felsigem Untergrund, Schotter und Müll besteht. Scherben ohne Ende machen es uns zusätzlich schwer. Josi flucht! Wir fragen uns, warum wir hier so häufig diese Schotterwege fahren müssen. Hier scheint es nur solche Exemplare zu geben, wenn man keinen Verkehr neben sich haben möchte wie auch auf den großen Autostraßen. Andere Alternativen gibt es selten. Nach diesem verfluchten Weg geht es auf einer anderen Rumpelpiste weiter. Langsam haben wir aber wirklich genug von diesem Durchgeschütteltwerden! Dann die ersehnte Erlösung. Oder doch nicht? Es geht auf einer Landstraße weiter. Leider ist diese sehr stark befahren und der Lärm ist nervtötend. Zudem sehen wir hier in Andalusien immer mehr Müll am Straßenrand. Teilweise liegen dort entsorgte Kühlschränke und Toiletten. Schade! Einziger Trost: Momentan blüht hier ein Baum weiß und versprüht seinen leckeren Duft überall. Dagegen haben sogar Abgase keine Chance.
Um 18 Uhr erreichen wir endlich unser Ziel. Der erste Ort am Meer! Noch sind wir am Atlantik und es ist kühl geworden. Ein scharfer Wind bläst uns den gesamten Tag schon um die Ohren. Wir steuern einen Campingplatz an, aber im Zelt wollen wir heute ungern nächtigen, da es heute Nacht regnen und gewittern soll. Nun sind wir endlich am Meer und es regnet…..Auf dem Campingplatz gibt es keine freien Hütten mehr, nur freie Zeltplätze. Dieser Tag und die vergangene Nacht haben uns ordentlich Kraft gekostet, also suchen wir eine feste Behausung und finden eine günstige Unterkunft mit Badewanne. Was für ein Luxus! Einfach mal ein heißes Bad.