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Von Santiago zum Nordkap: Tag 25 – Chiclana de la Frontera – Bolonia ca. 67km/1229km
Eine neue Erfahrung
Der heutige Tag startet sehr entspannt. Der Regen und das Gewitter sind an uns vorbei gezogen und so haben wir heute wieder Sonne und Wärme.
Die ersten Kilometer verlaufen noch gemächlich durch hübsche Pinienwälder, bis wir unsere erste lange, starke Steigung erreichen. Während wir uns tapfer den Berg mit 5-6 km/h hochkurbeln, ruft jemand aus einem Auto: „Bravo!“ Das gibt uns etwas Schwung zum Durchhalten. Auf der anderen Seite gibt es, nicht anders zu erwarten, eine herrliche, lange Abfahrt. Unten angekommen müssen wir kurz über einen Sandweg und durch ein Schlammloch. Ich schaffe es glücklicherweise, an der Seite gut durchzukommen, aber Josi bleibt stecken und ihr komplettes Rad ist mit lehmigem Matsch eingesaut. Wir versuchen, das Gröbste abzubekommen, aber es ist einfach zu klebrig und wird schnell fest. Nach dieser Aktion brauchen wir erst einmal eine Stärkung. Da schon der nächste Gipfel auf uns wartet, machen wir in einer Bushaltestelle unsere Mittagspause.
Mit neuer Kraft stellen wir uns der nächsten Steigung, die sich in die Länge zieht. Hier müssen wir auch wieder viel schieben, denn es ist einfach zu steil. Im Bergdorf oben angekommen rufen ältere Herren: „Arriba, arriba!“ (Hoch, hoch) Ein weiterer kleiner Ansporn für uns. Ziemlich durchgeschwitzt und außer Atem erreichen wir einen wunderschönen Panoramaweg, wo viele Besucher entlang schlendern. Um nun aus diesem wirklich beschaulichen und entzückenden Dörfchen herauszukommen, müssen wir gleich zwei wirklich, wirklich starke Steigungen bzw. Gefälle abwärts fahren. Solch ein starkes Gefälle haben wir beide noch nie gesehen! Ich setze mich auf die Mittelstange und behalte sicherheitshalber einen Fuß am Boden. Die Bremsen müssen hart arbeiten und unsere Hände auch. Man hat die ca. 300 Höhenmeter scheinbar auf 500m abwärts gepresst. Kurz bevor wir unten ankommen, sehe ich eine Absperrung und bekommen einen Schreck. Ich denke nur: „Bitte nicht! Lass den Weg hier bitte weitergehen.“ Zum Glück ist es nur eine Absperrung an der Seite des Weges zum Abhang hin und wir können bis unten weiterfahren.
Nachdem wir unsere Hände und Handgelenke etwas gelockert und entspannt haben, geht es weiter bis zur nächsten Tankstelle, wo es eine Waschanlage gibt. Hier kann Josi endlich ihr Rad mit Hochdruckreiniger säubern. Im Anschluss folgt ein wunderschöner Abschnitt am Meer entlang und die Strapazen des Tages sind schnell vergessen. Der Wind steht auch wieder günstig für uns, nicht für die mit verkniffendem Gesicht entgegen kommenden Fahrradfahrer, die auch mit schwerem Gepäck unterwegs sind. Wir leiden ein wenig mit ihnen.
Am frühen Abend erreichen wir unseren Campingplatz und werden leider vertröstet, da er erst in zwei Tagen, am 1. März öffnet. Ätsch…. tja, das bedeutet: weiterfahren. Wir fahren und fahren, aber nichts tut sich auf. Alle Unterkünfte sind noch geschlossen und einen Platz in der Natur finden wir hier auch nicht. Irgendwann stehen wir wieder einmal vor einem verschlossenen Tor. Eigentlich soll es hier weitergehen, aber an der Seite passen nur Fußgänger hindurch. Dieser spezielle Weg führt unter anderem zu einem Leuchtturm, weshalb viele Passanten hier zu Fuß hochgehen, um heute den Sonnenuntergang zu sehen. Wir wissen nicht weiter und entscheiden uns, erstmal unseren Hunger zu stillen. Direkt neben dem Durchgang setzen wir uns auf die Steine und kochen uns Nudeln mit Tomaten-Erbsensoße. Während des Essens genießen wir den schönen Sonnenuntergang und haben überhaupt keinen Plan, wo wir heute nächtigen sollen. Plötzlich steht ein Auto vor uns auf dem Weg und eine Frau schließt das Tor auf. Sofort fragen wir, ob wir unsere Räder auch hindurch schieben dürfen und ob man diesen Weg mit dem Fahrrad befahren kann. Die Antwort ist: „Sí, claro.“ Wir sind sehr erleichtert und dankbar über diese Fügung.
Auf diesem Weg findet sich leider auch kein geschützter Platz für ein Nachtlager….. Zu nah am Weg, zu schräg, Militärgebiet oder zu steinig. Also weiter, immer weiter, auch im Dunkel des späten Abends. Anfangs ist es noch ganz romantisch, die Lichter der Orte in den Buchten von hier oben zu sehen, denn wir kommen immer höher und höher. Als es endlich wieder runter geht, ist es stockdunkel. Immer noch kein Plan. Einfach weiter. Plötzlich kommen wir in einen kleinen Ort und stehen vor einer Pension. Sicherheitshalber ruft Josi dort an, um zu fragen, ob sie ein Zimmer frei haben. Die freundliche Frau bejaht und wir fahren die letzten Meter bis vor die Tür. Schnell wird uns klar, dass hier auch noch geschlossen ist, aber sie gibt uns trotzdem ein Zimmer. Sind wir froh! Gute Nacht…..