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Von Santiago zum Nordkap: Tag 28 – Santa Margarita – Cancelada ca. 52km/1377km
Eine besondere Seele
Wieder eine unruhige und kalte Nacht. In den ersten Morgenstunden sinkt die Temperatur meist auf die niedrigste Stufe. Es gibt nicht viel Motivation, aus dem einigermaßen warmen Schlafsack zu kriechen, außer dem Blasendruck. Also sitzen wir zwischen 8 und 9 Uhr bei schönstem Sonnenaufgang und 8 Grad mit einem heißen Kaffeebecher in der Hand vor unserem Zelt und lauschen den verschiedenen Geräuschen. Jeder Atemzug ist in der kalten Luft zu sehen.
Bevor wir starten, kommen wir mit zwei weiteren Radreisenden ins Gespräch. Ein junges Pärchen, das nach dem Abitur ein „Reisejahr“ macht. Sie fahren in die andere Richtung und wir tauschen uns aus und geben uns gegenseitig Tipps zur Streckenführung.
Auf uns wartet an diesem Morgen wieder eine Supersteigung, bei der wir die Fahrräder nur zu zweit hochschieben können. Zum Glück nur kurz und knackig! Wir lassen den „Affenfelsen“ langsam hinter uns und werden oben mit einer tollen Aussicht belohnt. Für die Mittagspause finden wir ein hübsches Plätzchen in einem Hafen und werden dort von einer deutschen Frau angesprochen, die ganz interessiert und begeistert ist. Am Nachmittag begegnen wir einer Obdachlosen vor dem Einkaufsladen. Wir geben ihr nach dem Einkauf zwei Bananen und Kekse. Wir rühren sie damit zu Tränen.
Der letzte Abschnitt führt uns an einer lauten, anstrengenden Schnellstraße entlang, sodass wir froh sind, als wir endlich den Campingplatz erreichen. Hier gibt es allerdings leider nur einen unmotivierten Betreiber und sehr steinigen Kiesboden. Wir wollen uns das Zelt nicht ruinieren und fragen nach einer Unterlage. Leider bekommen wir nur eine blöde Antwort. Hier wollen wir nicht bleiben und überlegen nach einer Alternative. Der nächste Campingplatz liegt allerdings erst in 30 km Entfernung und wild zelten geht hier gar nicht, da alles bebaut ist. No Wildnis vorhanden! Also entscheiden wir uns doch nochmal für eine feste Unterkunft und finden sogar eine in der Nähe. Hier ist sofort eine besondere Herzlichkeit zu spüren und die quirlige Frau gibt uns noch einige extra Tipps. Das fühlt sich doch gleich viel besser an ;-).
Nach dem Abendessen auf dem Zimmer ist der Abend noch jung und wir entscheiden uns, auf ein Getränk in den Ort zu gehen. Die Auswahl der Lokale ist groß und wir entscheiden uns für eine Pizzeria. Hier werden wir auch gleich sehr freundlich empfangen und es herrscht eine gemütliche Atmosphäre. Man kann zuschauen, wie die Pizza zubereitet wird und im Ofen backt. Wir bestellen unsere Getränke und kurz darauf stehen zwei kleine Stücke Pizza Margarita vor uns. Ein Geschenk vom Chef. Tja, und nun? Wir schauen uns an, überlegen kurz und nehmen diese Gabe dann an. Was soll ich sagen: „Diese Pizza schmeckt natürlich fantastisch!“ Zwei Bananen für zwei Stücke Pizza :-).
Als wir das Lokal verlassen, werden wir draußen im Vorzelt von vier Leuten angesprochen und auf einen Kaffee eingeladen. Wir setzen uns zu ihnen an den Tisch. Peter, Paulina, Jack und Maxi sind ganz wunderbare, aufgeschlossene Menschen und so verbringen wir zwei weitere Stunden mit ihnen. Peter kommt aus den Niederlanden und erzählt, dass er der Nachbar von André Rieu sei. Paulina und Jack leben mit ihrem Sohn Maxi seit 40 Jahren hier an der Costa del Sol. Maxi ist 30 Jahre alt und eine ganz besondere Seele, wie wir finden. „Er lebt in seiner eigenen Welt und besteht ausschließlich aus Liebe“, erzälen uns die Eltern. Wir spüren schnell, dass das wahr ist, denn Maxi strahlt unglaublich und hat die Angewohnheit, Menschen kurz zu kraulen, wenn er sie begrüßt. Später kommt er sogar noch einmal zu mir und legt seinen Kopf auf meinen und streichelt mir kurz den Rücken. Ich empfinde diese Geste weder unangenehm noch übergriffig, sondern einfach nur liebevoll. Zum Abschied tauschen wir unsere Kontaktdaten aus und nehmen uns alle reihum in den Arm. „Die Umarmung von Maxi ist eine ehrliche Umarmung“, sagt der Vater.
Erkenntnis des Tages: Wer viel gibt, bekommt auch viel.