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Von Santiago zum Nordkap: Tag 4: Ourense – Vilar de Barrio ca. 37 km
Früher Nebel
Um 7:00 Uhr klingelt der Wecker und holt uns unsanft aus einer unruhigen Nacht. Zügig packen wir alles zusammen, denn um 8:30 Uhr sollen wir hier aus der Herberge verschwunden sein. Das macht diesen Morgen etwas stressig für uns. Für ein Kraft gebendes Frühstück und zwei Kaffee muss die Zeit aber trotzdem reichen. Als wir um halb neun gehorsam auf die Straße kommen, hängt dicker Nebel in der Luft und die Berge sind komplett in einen grau-weißen Schleier gehüllt. Eine Anzeigetafel zeigt 4 Grad an. Kein Mensch außer uns ist so früh unterwegs und da heute Sonntag ist, sind die meisten Rollläden auch noch unten.
Wir haben uns schon innerlich damit abgefunden, dass es heute fast nur bergauf geht, doch eine Steigung ist so gnadenlos, dass wir es nur schaffen, die Räder nacheinander zu zweit hochzuschieben. Anschließend geht es weiter moderat nach oben und eine Busfahrerin kommt uns hupend entgegen, während sie mit ihrem Arm eine Kraftpose zeigt und lacht. Nach zwei Stunden ohne Pause sind wir durch und durch nass geschwitzt. Der Nebel und die Kälte halten sich hartnäckig, was uns frieren lässt! In diesem Moment entdecken wir eine geöffnete Bar und können uns dort an der Heizung aufwärmen. Wir kauern in der Ecke und trinken noch zwei Kaffee. Die Betreiberin hat offenbar Mitleid mit uns und macht uns einen sehr günstigen Preis. Als wir wieder aufgewärmt sind, kommt die Sonne endlich raus und in kürzester Zeit ist auch der kalte Nebel verschwunden.
An einer Wasserstelle treffen wir einen Sportradler, der uns einen Tipp für die heutige Herberge gibt. Er rät uns von unserem ursprünglichen Plan ab, heute noch weiter hoch in die Berge zu fahren, da es dort nachts sehr kalt wird! Wieder ein Engel. Tatsächlich ist die von ihm empfohlene Unterkunft sehr ansprechend, warm und sauber. Hier dürfen wir morgen früh auch wieder alles ganz entspannt angehen – ohne Rauswurf. Wir teilen uns die gesamte Herberge mit einem Fußpilger aus Kanada. Er zeigt uns seine großen Blasen an den Füßen und meint, dass er schon so viele Caminos gelaufen sei, aber dieses Mal den Fehler gemacht hat, dass er am ersten Tag schon 36 km gelaufen ist. „Wie ein Anfänger,“ sagt François. Er erzählt uns, dass er in jungen Jahren auch mit dem Fahrrad durch Europa gefahren sei und schon in vielen verschiedenen Ländern war. „Früher war ich noch mehr ein Hippie“, erzählt er. Der kurze Austausch mit ihm war sehr unterhaltsam und generell haben wir den Eindruck, dass die Menschen, denen wir begegnen, von Tag zu Tag offener werden. Aber vielleicht werden wir auch immer offener.