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Von Santiago zum Nordkap: Tag 55 – Port-la-Nouvelle – Béziers ca.63 km/3005 km
Eisschollen & Flamingos
Wir haben uns für heute wieder den Wecker gestellt, um zeitig das Feld zu räumen. Als das unfreundliche Geräusch um 6:45 Uhr in unsere Ohren dringt, sind wir alles andere als motiviert aufzustehen. Irgendwie zieht uns nichts nach draußen. Irgendwann müssen wir dann doch aufstehen, es nutzt ja nichts, und stellen sofort fest, warum wir lieber im warmen Schlafsack bleiben wollten: Es war Nachtfrost! Wieder entdecken wir eine leicht gefrorene Schicht auf unseren Fahrradtaschen und auf dem Zelt sind sogar kleine Eisschollen. Es dauert nicht lange, da spüren wir die Wärme der aufgehenden Sonne.
Kurz nachdem wir losfahren, müssen wir noch einmal an der großen Straße halten, da die Navigation noch nicht richtig eingestellt ist. Da hält plötzlich eine Bikepackerin neben uns. Lena aus dem Schwarzwald. Wir unterhalten uns eine ganze Weile und beschließen dann, ein Stück zusammen zu fahren. Sie berichtet, dass sie schon seit August 22 unterwegs und auf den Lofoten gestartet ist. Über Dänemark, Deutschland, Belgien, Niederlande, England, Frankreich und den Camino Frances ist sie nach Santiago de Compostela geradelt. Von dort aus ist sie dann unsere ursprüngliche Route an der portugiesischen Küste entlang und ab Cadiz genauso wie wir an der spanischen Küste entlang gefahren. Irgendwie passt es sofort und fühlt sich stimmig an mit ihr. Es dauert auch nicht lange, da stellen wir fest, dass Lena auch Veganerin ist. Tja, man zieht sich wohl an.
Gemeinsam fahren wir durch ein wunderschönes Naturschutzgebiet, das etwas an Schweden erinnert. Dort beobachten wir Flamingos im Wasser. Sie waren aber noch nicht so rosa.
Die Mittagspause verbringen wir noch zu dritt und dann trennen sich unsere Wege leider schon wieder. Lena hat nämlich noch ca. 80 km vor sich bis zu ihrer Schlafstätte. Vielleicht sehen wir sie ja noch einmal wieder – wer weiß. Jedenfalls konnten wir uns gegenseitig ein paar Tipps geben und es war für uns eine sehr tolle Begegnung!
Bei der Suche nach einem geöffneten Campingplatz scheitern wir heute wieder. Auf gut Glück steuern wir dann einfach einen an. Kurz vorher kommen wir jedoch durch einen Ort mit einem Hafen und Zufahrt zum Fluss. Die Navigation zeigt uns eine Brücke an, die dort nicht ist. Eine Fähre fährt wohl in den Sommermonaten, aber jetzt eben nicht. Also müssen wir den Umweg über die nächste Brücke in Kauf nehmen. Auf dem Weg halten wir bei zwei Campingplätzen an und fragen, ob wir dort unterkommen können, aber jedesmal dieselbe Antwort: „Wir öffnen erst zu Ostern.“ Dann müssen wir weiter suchen. Inzwischen ist es schon fast 18:30 Uhr, der Magen knurrt und wir wollen einfach nur irgendwo ankommen. Da entdeckt Josi plötzlich einen Caravanstellplatz. Wir können mit unseren Rädern einfach die Schranke umkurven und steuern zielstrebig einen Platz unter zwei Palmen an. Hier ist alles gepflegt und frisch gemähter Rasen. Unsere belgischen Nachbarn laden in ihrem Wohnmobil unsere Powerbanks auf. „Kein Problem, kein Problem“, sagt die Frau immer wieder. Wir sind gedanklich immer ein bisschen auf der Hut vor der „Deutschen Grätzigkeit“ mit dem erhobenen Zeigefinger, aber wir werden immer wieder von so viel Herzenswärme und Hilfsbereitschaft überrascht.