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Von Santiago zum Nordkap: Tag 68 – Bergeggi – Cartosio ca. 48 km/3723 km
Am Morgen Wolken, am Abend Sonne.
Nach einer überaus unruhigen Nacht wachen wir sehr unausgeruht mit dem Sonnenaufgang auf. Nur, dass die Sonne sich nicht zeigt und es einfach hell wird. Wir haben uns an diesem Ort sehr unwohl gefühlt, weshalb wir wohl auch wie die Wale geschlafen haben, mit einem offenen und einem geschlossenen Auge. Beim Einpacken frischt der Wind sehr schnell auf und es wird noch ungemütlicher. Wir wollen einfach hier weg.
Um kurz vor 7 Uhr sind wir – völlig heraus aus unserer morgendlichen Routine – ohne Kaffee, Frühstück und Zähneputzen auf der Straße. Gegen den Wind strampeln wir die erste Steigung hinauf und halten nach einem Frühstücksplatz Ausschau. Es dauert zum Glück nicht lange, da entdecken wir einen kleinen Park im nächsten Ort. Gegenüber gibt es sogar eine Bäckerei mit einem Kunden-WC und wir verbinden diesen Besuch damit, ein frisches Brot zu kaufen. Nach dem ersten Kaffee auf der Parkbank ist alles wieder gut und wir können ab jetzt den Morgen genießen.
Nach dem Frühstück geht es noch ein Weilchen am Meer entlang, bis wir uns feierlich von ihm verabschieden (müssen). Ab jetzt geht es ins Landesinnere in Richtung Österreich. Vor uns ragen hohe Berge empor und da wir uns das Höhenprofil vorher angeschaut haben, wissen wir, dass es nun auf über 500 Hm hinaufgeht. Auf geht’s!
Zuerst ist der Anstieg noch nachgiebig, aber schon bald wird es immer steiler. Mit 5-6 km/h kurbeln wir uns langsam nach oben. Die entgegenkommenden Radsportler feuern uns an. Nach ca. der Hälfte und insgesamt 18 km brauchen wir schon wieder eine Pause und fragen in einem Ort ein paar junge Leute, ob wir auf ihrer Gartenmauer, neben der Statue des einstigen Präsidenten von Italien und dessen Geburtshaus, unsere Mittagspause machen dürften. Klar, kein Problem, versichern sie uns. Gut gestärkt geht es anschließend weiter bergauf und der Wind kommt übrigens mal wieder von vorne. „Als ob es noch nicht schwer genug ist“, fluche ich vor mich hin. Endlich erreichen wir den höchsten Punkt und haben einen tollen Blick über das Tal, sogar bis zum Meer, das sich in der Ferne nochmals schemenhaft im Dunst zeigt.
Ab jetzt begegnen wir einer ganz neuartigen Landschaft und kommen uns vor, als wären wir plötzlich in einer anderen Welt. Eine Mischung aus dem Schwarzwald und Norwegen. Sanfte Almwiesen und kleine Höfe liegen vor der Bergkulisse und hinter der nächsten Biegung sehen wir einen wilden Fluss, an dem es weiter entlanggeht. Große Felsbrocken liegen in dem Flussbett und zwischendurch gibt es Kiesbänke, auf denen es sich Leute mit Sonnenschirm und Picknickdecke gemütlich gemacht haben. Irgendwann entdecken auch wir solch ein hübsches Plätzchen im Flussbett und erklären es hiermit zu unserem Schlafplatz für diese Nacht. Etwas umständlich müssen wir die Räder von der Straße aus nach unten schieben, aber das ist es uns wert. Hier fühlen wir uns pudelwohl und haben keine Sorge, verscheucht zu werden. Das Plätschern des Baches wird uns hoffentlich einen erholsamen Schlaf befördern.