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Von Santiago zum Nordkap: Tag 74 – San Martino – Avio ca. 62 km/4075 km

Berge und Siberzwiebeln

Früh werden wir wach. Alles ist noch still. In aller Ruhe kochen wir heute ausnahmsweise mal unseren Kaffee mit einem Wasserkocher, der für uns bereit steht. Wir dehnen auch das Frühstück noch etwas aus, damit das Zelt in der Sonne trocken kann. Um diesen Vorgang zu beschleunigen, versetzen wir es sogar noch ein paar Meter. Nachdem wir alles verpackt haben, gehen wir zur Rezeption, um zu bezahlen. Wie wir schon vermutet und befürchtet haben, ist das hier der bisher teuerste Platz auf der gesamten Reise. 38 € sollen wir insgesamt hinblättern…..ok, da zahlt man halt die exklusive Lage am Gardasee mit. Mir war es von vorn herein suspekt, als die Rezeptionistin gestern 2x sagte, wir könnten auch heute Morgen bezahlen. In einem Prospekt an der Rezeption habe ich gelesen, dass es neuerdings eine „Szene“, also spezielle Plätze für Camper mit Überlänge (10 m) gibt. Das nennt sich dann Land-Yachting. Das könnte auch das Unwort 2023 werden. Jedenfalls werden wir zukünftig darauf achten, dass wir nicht wieder auf einem Campingplatz für Land-Yachter landen und auch nicht bei Agricamping!

Nach ein paar Hundert Metern hat der spektakuläre Blick über den Gardasee schon wieder alles vergessen lassen und die Faszination über diese atemberaubende Natur nimmt uns ein. Eine ganze Weile teilen wir uns noch die Fahrt am See entlang mit vielen anderen Menchen und sind froh, als wir endlich rechts abbiegen können. Sofort wird es ruhiger und es gibt kaum noch Verkehr. Die Berge ragen vor uns und um uns herum empor. Ein ganz neues Bild und komplett anders als die letzten Tage.

An einem Fluss führt uns die gut ausgebaute und beschilderte Eurovelo durch das Tal. Immer wieder geht unser Blick nach oben und wir kommen aus dem Staunen nicht mehr heraus! Auf einem kleinen, einfachen Camperstellplatz finden wir ein Plätzchen für diese Nacht. Hier sind wir nicht allein und es gibt keine Gefahr vor wilden Bären. Auch hier sind wir quasi auf einem Weingut (Bauernhof), aber in der normalen Variante ohne „glamping“. Sicherhritshalber fragen wir vorher nach dem Preis: 15 € all incl. Unsere Österreichischen Nachbarn erzählen, dass das Essen hier sehr gut sei und man hier regelrecht gemestet würde. Trotzdem machen wir uns unser Essen selbst, denn wir gehen davon aus, dass das Essen hier auch sehr fleischlastig sein wird. Außerdem müssen wir ein bisschen sparen, um die 38 € wieder auszugleichen, die ein bisschen über unserem Budget waren. Das heißt, wir gehen „nur auf ein Getränk“ in das Lokal….

Als wir es durch den Hintereingang betreten, sind wir erstaunt, wie hübsch es innen ist. Der Wirt fragt, ob wir etwas essen wollen. Wir betonen deutlich, dass wir nur etwas trinken möchten. Kurz nachdem wir die Getränke haben, steht ein Teller mit Wurst, Schinken und Brot vor uns. Wir beachten es nicht. Unsere Österreichischen Nachbarn setzen sich an den Nebentisch. Es dauert nicht lange, da fragt der Wirt, ob wir Vegetarier seien und wir antworten: „Nee, vegan.“ „Vegan“, wiederholt er laut und mit einem verständnisvollen Ton. Nach dem Motto: Diese Herausforderung nehme ich an. Er nimmt den Fleischteller und bringt ihn zu einem anderen Tisch und sagt: „My friend is not vegetarian.“ Alle lachen. Dann kommt er mit einem Käseteller zu uns und fragt nochmal vorsichtig nach. Wir lehnen dankend ab. Er geht zu unseren Österreichischen „Nachbarn“, stellt ihnen den Käseteller hin und verschwindet in der Küche. In der Zwischenzeit geben unsere Nachbarn uns ihre Schale mit Silberzwiebeln. Kurz darauf kommt der Wirt wieder aus der Küche mit zwei kleinen Tellern Suppe und einer Schale großen Silberzwiebeln. Großes Gelächter! Dann bringt die Angestellte sogar noch einen großen Korb mit Brot. Am Nebentisch wird auch immer wieder etwas neues dazugestellt und obwohl wir schon gegessen hatten, haben wir fast alles aufgegessen. Bei der Rechnung dann die Überraschung: Wir zahlen NUR den Zeltplatz und vier Getränke (wie bestellt). Wenn das nicht wieder einmal der schon so häufig erlebte Ausgleich ist.

Erkenntnis des Tages: Alles bleibt im Gleichgewicht und die besten Silberzwiebeln gibt es in Avio bei „Erta“!

Vor dem Gardasee
Mittagspause
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