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Von Santiago zum Nordkap: Tag 85 – St. Michael im Lungau – Flachau ca. 58 km/4550 km
Schnee von gestern
Mit Kopfschmerzen werde ich wach und fühle mich wie durch die Mangel gedreht. War es gestern vielleicht etwas zu viel? Nach dem tollen Frühstück von Maria, einer „Kopflangzieh-Anwendung“ von Josi und einer Ibu geht es langsam besser. Vor dem Start unterhalten wir uns noch etwas mit Maria und sie beruhigt uns etwas, indem sie erzählt, dass es nach Obertauern nicht so heftig hoch geht wie auf den Katschberg. Vorher zeigt sie uns das Livewetter von Obertauern im Fernsehen: Es schneit und ist entsprechend bewölkt. Wir bleiben zuversichtlich und wollen weiter, diesen vorerst letzten Gipfel hinter uns bringen.
Wir verabschieden uns von Maria und starten in einem Sonne-Wolken-Mix. Die Winterkluft ist auch dabei. An einer Straßensperre sagt der Bauarbeiter zu uns: „Ohne Akku, Wahnsinn, klasse!“ Kurz darauf zischt eine Radlerin mit ihrem Ultra-Ultralight-Gepäck an uns vorbei und zeigt ihren Daumen nach oben. Da sind wir aber beeindruckt. Langsam wird es steiler und steiler, aber wir können noch im ersten Gang mit 5-6 km/h fahren. Der Gegenwind macht es nicht leichter. In einem engen Tunnel müssen wir doch absteigen und schieben. Immer wieder der Blick nach hinten, wenn wir das laute Getöse eines anrollenden Fahrzeugs hören, das sich in dem Tunnel noch verstärkt. Wir sind heilfroh, als wir endlich aus dem dunklen Ding wieder raus sind!
Es wird kälter und kälter, je höher wir kommen. Kurz hinter dem Tunnel haben wir bereits die Schneefallgrenze überschritten. Die Steigung ist zwar nicht so krass wie gestern, aber Fahren ist auf den letzten Kilometern für uns auch nicht mehr möglich. Als wir Obertauern erreichen, ist die Landschaft fast komplett weiß. Skurril! Dieses Mal finden wir zum Glück noch ein geöffnetes Lokal, um uns vor der Abfahrt aufzuwärmen. Ein einsamer Skiläufer geht mit den Skiern auf der Schulter an uns vorbei. Hier kann man zwar noch bis zum 1. Mai laufen, aber es ist schon eher tote Hose und etwas ausgestorben.
Nach der wärmenden Pause gibt es zur Belohnung eine grandiose Abfahrt, an Wasserfällen und schroffen Felswänden vorbei. Wir sehen viele über-2000er um uns herum und freuen uns, dass es hier inzwischen klar geworden ist. Schnell sind wir wieder im grünen Bereich und wie in einer anderen Welt. Es duftet nach Gülle und ist wieder wärmer.
Am frühen Abend erreichen wir unsere Warmshower-Unterkunft in Flachau bei Jeffrey. Er empfängt uns sehr entspannt und freudig. Seine Wohnung befindet sich in einem alten Pfarrhaus und schon bald wissen wir, welche Leidenschaft er für seinen Garten hegt. Er ist ein Hobbygemüsebauer mit einem sehr grünen Daumen! Seine Begeisterung scheint auf die Pflanzen und ihr Gedeihen übertragen zu werden. Er erzählt mit Spannung von seinen Radreisen und seiner Arbeit. Wir werden von ihm bekocht und verbringen einen sehr kurzweiligen Abend zusammen. Erschöpft und zufrieden fallen wir ins Bett.