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Etappe 14: Noja – Güemes ca. 18,3 km

Pilgerparadies

Die Sonne empfängt uns heute Morgen, aber die Luft ist noch angenehm frisch. Das erste Café ist leider noch geschlossen, also weiter. Nach zwei Kilometern erreichen wir den Ortskern von Noja und suchen weiter vergeblich nach einem geöffneten Café. Ich fange an zu nörgeln, denn nach nur einer Banane zum Frühstück, hängt mir der Magen schon in den Kniekehlen. Endlich entdecken wir ein geöffnetes Objekt der Begierde. Das Café ist sehr hübsch eingerichtet und es läuft klassische Musik. In der Ecke hängt ein laufender Fernseher, auf dem die Kriegsszenen der Ukraine zu sehen sind. Das Ganze wirkt auf uns in diesem Moment sehr absurd und mit dieser lieblichen Musik im Hintergrund auch irgendwie skurril. Wir werden für einen kurzen Moment aus unserer kleinen Camino-Welt gerissen und an das Grauen erinnert.

Nach dem stärkenden Frühstück geht es durch verschlafene Dörfer und romantische Landschaften, was uns hilft, wieder im Hier und Jetzt zu sein. Wir gehen und gehen und gehen. Kurz vor unserem heutigen Zielort, gönnen wir uns noch eine kleine Pause an einer Quelle unter einer Trauerweide. Die letzten drei Kilometer sind dann tatsächlich nochmal etwas fordernd. Etwas aus der Puste erreichen wir die Herberge von Güemes. Ich erinnere mich sehr gut an diesen Ort, denn vor drei Jahren, auf meinem ersten Jakobsweg, bin ich auch hier gelandet. Diese Herberge wird zu Recht als Pilgerparadies bezeichnet. Wir werden sehr herzlich empfangen und dürfen uns direkt an den gedeckten Tisch setzen. Es gibt Mittagessen für alle! Zu unserer großen Freude, treffen wir nach 12 Tagen Maria wieder, die mit uns von Pasaia nach San Sebastian gelaufen ist. Sie war es, die bemerkte, dass das Rotkehlchen ,,zu uns “ gehörte. Nach dem Essen und dem Check-in, haben wir noch reichlich Zeit, um uns auszuruhen. Leider ist dieses Mal kein Masseur hier im Ehrenamt tätig, wie vor drei Jahren.

Um 19:30 Uhr läutet eine Glocke und alle Pilger*innen sind aufgefordert, in den Gemeinschaftsraum zu kommen. Dort erzählt Arnesto, der Herbergsvater, die Entstehungsgeschichte und Philosophie zu diesem besonderen Ort. Alle Mitarbeiter sind hier nämlich ehrenamtlich tätig und man kommt hier gegen eine freiwillige Spende unter. Hier ,,arbeiten“ Pilger für Pilger. Arnesto erzählt von seiner Familiengeschichte und was den Camino ausmacht. Dieser Weg bedeutet nicht, das Ankommen in Santiago, sondern aus dem Kopf zum Herzen zu gekangen und Schritt um Schritt zu sein und zu lassen.

Erkenntnis des Tages: Wer noch nicht durch die Hölle gegangen ist, weiß nicht, wie schön das Paradies sein kann.

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