Angekommen Langsam lasse ich die Stadt Santiago de Compostela hinter mir und begebe mich heimwärts.…
Etappe 16: Santander – Polanco ca. 29 km
Drei Engel & Graffiti
Der Weg aus der Stadt ist ewig lang und zieht sich 5,5 km hin. Da es fast permanent leicht bergauf geht, ist es doppelt anstrengend. Die Luft wird dicker und dicker. Es scheint sich wieder ein Gewitter zusammenzubrauen.
An vielen Stellen sehen wir heute Graffitis. Das macht das Bild etwas abwechslungsreicher. Durch die dicke Luft, schwitzen wir ordentlich und haben viel Durst. Auf einmal steht ein Mann auf einer Leiter vor uns auf dem Weg. Unter ihm eine Kiste mit frisch gepflückten Apfelsinen. Er fragt, ob wir eine haben wollen. Zuerst schauen wir verdutzt, doch dann greifen wir dankend zu. Der Mann auf der Leiter freut sich mit uns und wünscht uns noch einen guten Weg. Sofort halten wir die Orangen an unsere Nasen. Was für ein Duft! Frischer geht es nicht. Schnell sind sie während des Laufens gepult und in unseren Mündern verschwunden. Sie zergehen auf der Zunge und der frische, fruchtige Geschmack macht uns ganz glückseelig.
Später erreichen wir die sogenannte ,,verbotene Abkürzung“ bei der man über eine 100 m lange Eisenbahnbrücke gehen könnte, um 3,5 km zu sparen. Es wird aber eher davon abgeraten, da diese Aktion doch ein gewisses Risiko in sich birgt. Etwas ratlos stehen wir in der Gegend rum und überlegen, wo wir stattdessen lang gehen müssen. Da spricht uns ein Mann an. Er zeigt uns einen Weg der Einheimischen, unter der Brücke hindurch. Er begleitet uns ein ganzes Stück, bis es wieder gelbe Pfeile gibt. Ansonsten wäre der Weg wohl noch länger gewesen.
Es geht weiter am Fluss entlang. Sehnsüchtig erwarten wir den Übergang auf die andere Seite. Nach ein paar Kilometern kommt endlich eine Brücke. Danach geht es weiter auf Nebenstraßen, aber ständig auf dem verflucht harten Asphalt. Bald können wir es kaum noch aushalten und sehnen uns nach dem Ziel. Endlich! Das Ortsschild ist zu sehen. Erschöpft setzten wir uns kurz auf eine Bank am Straßenrand und schauen in dem Reiseführer nach der Herberge. Ohjee….noch ca. 1,1 km. Das Aufstehen fällt schwer, aber wir müssen dieses letzte Stück jetzt hinter uns bringen und hoffen, dass in dieser kleinen Herberge mit 4 Betten noch 2 Betten für uns frei sind.
Als wir endlich das Haus erreichen, bei dem man sich den Schlüssel zur Herberge abholen soll, öffnet eine ältere Dame die Tür und empfängt uns, als hätte sie auf uns gewartet. Wir sind die einzigen Gäste und zahlen p.P. 5 € und haben das ganze Häuschen für uns allein. Was für ein Glück! Und: Es gibt ein Footspa!
Zum Abendessen gehen wir 200m die Straße zurück zu einem Restaurant. Die Wirtin hat so blaue Augen wie die weißen Wanderer aus ,,Game of thrones“ und kommt uns etwas gruselig vor. Wahrscheinlich hat sie eingefärbte, blaue Kontaktlinsen drin. Sie sagt, sie hätte nichts zum Essen. Nur das, was in der Auslage liegt. Da das nicht für uns in Frage kommt, nehmen wir wohl oder übel den Weg zum Supermarkt auf uns. Nochmal insgesamt 1 km. Dafür sind wir dann für morgen auch gut versorgt, wenngleich dieser Weg dorthin und zurück sehr schwerfällig ist. Das Abendessen ist jedenfalls ein verdientes Festmahl.
Erkenntnis des Tages: Wenn sich jeder um sich selbst kümmert, haben alle genug zu tun.