Angekommen Langsam lasse ich die Stadt Santiago de Compostela hinter mir und begebe mich heimwärts.…
Etappe 2: Pasaia – San Sebastian 17,2 km
Eine besondere Begegnung.
In dieser Nacht bin ich beim Toilettengang über den Rucksack einer Pilgerin gestolpert und habe in der Dunkelheit verzweifelt nach Halt gesucht. Das Rumpeln und Poltern meines Sturzes hat sogar einige Pilger*innen geweckt. Peinlich. Zum Glück ist nichts passiert! Am Morgen werden wir alle unsanft von der grellen Lampe an der Zimmerdecke geweckt. Es ist schon 7 Uhr und der Herbergsvater schmeißt uns mit dem einschalten des Lichts quasi aus den Betten. Katzenwäsche, Füße einsalben, Sachen packen. Als wir die 163 Stufen in den Ort hinunter gestiegen sind, fällt Nici ein, dass sie ihren Wanderstock, den ich gestern am Wegesrand gefunden und ihr zum Geburtstag geschenkt habe, in der Herberge vergessen hat. Ohje, also nochmal wieder nach oben…. zu allem Übel beginnt der Weg heute auf der anderen Seite des Flusses auch mit ca. 280 Stufen. Doch der Blick von oben entschädigt wie immer für diese Strapazen.
Der Weg schlängelt sich wunderschön am Berghang entlang und zu unserer Rechten eröffnet sich der Atlantik. Plötzlich entdecken wir ein Rotkehlchen, direkt einen Meter vor uns auf einem Zweig. Wir bleiben stehen und nehmen Kontakt auf. Es zwitschert und singt, doch bleibt auf seinem Platz sitzen. Eine andere Pilgerin kommt vorbei und sagt:,,This bird is a lost one of you in heaven“. Nici und ich schauen uns an. Tränen schießen uns in die Augen. Könnte es unsere Andrea gewesen sein?
An einem besonderen Aussichtspunkt begegnen wir einem Mann mit nur einem Arm. Er beobachtet uns, wie wir genüsslich einen rohen Brokkoli essen. Er erzählt, dass er auch gerade vegan geworden sei. Ich frage mich, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, hier in der Pampa Veganer zu treffen.
Als wir am frühen Nachmittag San Sebastian erreichen, schießt es mir plötzlich in den Knöchel. Ich muss mich hinsetzen. Dann ein neuer Versuch. Wieder ein unerträglicher Schmerz. Mir wirbeln wilde Gedanken durch den Kopf, dass es etwas Ernstes ist und ich nicht weiter laufen kann. Nach einer kurzen Pause geht es dann langsam und vorsichtig weiter. Wir wandern an der Promenade entlang und erreichen bald die Herberge. Alles voll! Der Herbergsvater vermittelt uns eine Pension in 3 km Entfernung. Ich bin unsicher, ob ich das heute noch schaffe. Aber was bleibt uns anderes übrig? Also, Zähne zusammenbeißen und weiter. Nach einer weiteren Stunde erreichen wir die Pension und werden mit einem Zimmer inklusive Meerblick belohnt. Nur die Dusche ist kalt. Man kann halt nicht alles haben. Erkenntnis des Tages: Ich gehe einfach.
PS: Heute hat Nici übrigens einen Wanderstock für mich gefunden.