Angekommen Langsam lasse ich die Stadt Santiago de Compostela hinter mir und begebe mich heimwärts.…
Etappe 29: Soto de Luiña – Novellana ca. 7 km
Neue Begegnungen
In dieser Nacht sind unsere Sachen natürlich gar nicht in dem winzigen, kalten Zimmer getrocknet. Also steigen wir in unsere nassen Hosen und Schuhe. Ein Highlight hat uns jedoch schon aufgemuntert – ein Kaffee im Bett. Hier in der Herberge gibt es nämlich einen Kaffeeautomaten.
Zum Glück hat der Regen aufgehört, so dass wir im Sonne- Wolkenmix starten können. Die nassen Klamotten hängen wieder an unseren Rucksäcken und die klammen Schulter- und Hüftgurte fühlen sich kalt an. Es dauert nicht lange, da haben wir schon die erste Begegnung. Wir stehen gerade an einer Jakobusstatue und machen Fotos, da kommt eine Frau mit einem Klapprad und einem Anhänger, der aus einem Reisekoffer mit Rädern besteht, vorbei. Sie bietet uns an, ein Foto von uns zu machen und so kommen wir ins Gespräch. Dass sie auch auf dem Camino unterwegs ist, haben wir uns schon gedacht, denn auf ihrem Koffer ist ein großer, gelber Pfeil. Sie erzählt, dass sie aus Kanada kommt und den Küstenweg mit ihrem Mann zusammen macht, der aber zu Fuß geht. So ergibt es sich, dass wir zusammen frühstücken. Sie erzählt weiter, dass sie starke Rückenprobleme hat und deshalb mit dem Fahrrad fährt. Das Klapprad deshalb, weil sie dann langsam unterwegs ist und viel mehr vom Weg mitbekommt, fast wie beim Laufen. Außerdem lässt sich das Rad auch gut im Flugzeug transportieren.
Nach dem doppelten Frühstück geht es weiter. Nici muss sehr langsam und achtsam gehen, damit sie ihre Problemstellen nicht weiter überreizt. Sie lässt sich aber nicht davon abbringen, die kleinen Details am Wegesrand wahrzunehmen und zu entdecken.
Kurz vor unserem heutigen Zielort machen wir eine Mittagspause in einer Bar. Ich bestelle zwei alkoholfreie Biere und zwei Pizzen. Wir bekommen zwei alkoholfreie Biere und eine Pizza. Ich bin nicht begeistert darüber, aber ich denke: ,,Es wird schon seinen Grund haben.“ Mit uns im Garten der Bar, sitzt Thomas. Von dem haben wir schon gehört, denn er geht quasi barfuß. Er hat nur eine hauchdünne Sohle unter den Füßen, die mit Schnüren am Fußgelenk befestigt sind. Thomas erzählt uns, dass er schon seit 30 Jahren barfuß durchs Leben geht und nur bei der Arbeit und in der Kirche Schuhe trägt. Wir sind ganz fasziniert von diesem Prinzip.
Der letzte Kilometer ist für Nici sehr schmerzhaft und mühsam. Zum Glück geht es leicht bergab und nicht bergauf. Die Herberge befindet sich in einem alten Bahnhofsgebäude, ist sehr gemütlich und wird von einem sympathischen Pärchen betrieben. Zu unserer Überraschung bekommen wir eine halbe Stunde nach unserer Ankunft ein Mittagessen. Aha, jetzt wissen wir, warum das mit der Pizza so gelaufen ist. Hier im Haus wohnt außerdem noch eine alte Hundedame und ein kleiner Kater. Als ich den Kater streicheln will, beißt er mir in die Hand. Kurz darauf springt er auf meinen Schoß und macht es sich dort gemütlich. Er kuschelt sich richtig ein und fühlt sich scheinbar ganz wohl.
Wir teilen uns die Herberge außerdem noch mit Jessica aus US, die wir schon ein paar Mal getroffen haben und mit Claudia aus Rottweil. (Die Rottweiler sind hier stark vertreten) Nici und Claudia haben ähnliche Probleme mit ihren Schienbeinmuskeln und bekommen von Jessica je eine Massage. Das verschafft schon eine deutliche Linderung. Als wir am Abend mit Claudia in der Küche sitzen, klappert plötzlich die Türklinke. Wir schauen nach, wer rein möchte. Es ist der Kater. Er muss hoch gesprungen sein, um die Tür zu öffnen. Wie selbstverständlich kommt er rein und springt mir wieder auf den Schoß. Dort kuschelt er sich ein und hält ein kleines Nickerchen, bis er von den Herbergseltern gerufen wird. Das war eine schöne Begegnung. Und: Claudia kommt ursprünglich aus Sigmaringen, genauso wie Nici.
Erkenntnis des Tages: Auch kurze Etappen können sehr ereignisreich sein.